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26.09.2001

Testsegeln im "engsten Kreis" und warum es in Dänemark keine Indianer gibt.

Für heute war das grosse Testsegeln mit den Weltmeistern von North-Sails angesetzt. Ein lang herbei gesehnter Termin. Nur nicht für unsere fleissigen dänischen Bootsbauer. Hies es doch mal wieder zu einem bestimten Termin an Deck wirklich alles fertig zu haben und nicht noch hier und da ein bißchen schleifen und lackieren zu können. Und das bei dem Wetter hier ...

Unser Kohlefaser-Mast kommt ja aus Bristol / R.I. USA, einer Gegend, die für den Indian Summer mehr als bekannt ist. Der langsame Wechsel der Jahreszeiten dort mit der tollen Laubfärbung wird sogar täglich im Radio angesagt (wann und wo gerade die schönsten Farbwechsel stattfinden ). Hier in Dänemark hätten die Indianer keine Freude an diesem jahreszeitlichen Wechsel (deshalb sind sie hier auch nicht heimisch geworden). Der dänische Spätsommer ist übergangslos in den dänischen Spätherbst übergegangen. Eiskalter Regen. Und dabei sollten die Jungs an Deck arbeiten .... keine Motivationsgrundlage in den vergangenen Tagen.

Nur heute schien mal wieder die Sonne, an wichtigen Terminen ist Heaven can wait wie üblich vom Glück verfolgt. Während also die Segelmacher schon unruhig mit den neuen Segel an der Pier standen, schraubten die Bootsbauer dann doch endlich noch die letzten Beschläge fest, wir zogen die Fallen, Schoten und Strecker ein. Die Rigg-Hydraulik mit ihren zahlreichen Funktionen wurde ein letztes Mal entlüftet und mit Öl befüllt.

Die seit dem ersten Segeltest leicht geänderten Vorsegel wurden noch an der Pier unter den Augen immer zahlreicher werdender Einwohner angeschlagen. Irgendwie lähmen wir z.Zt. doch ein bißchen das allg. Wirtschaftsleben von Stubbeköbing. Andererseits hat der Hafenimbiss den Werftinhaber doch schon mal nach seinen Neubauplänen für die nächste Saison befragt; der Hot-Dog Umsatz kennt keine Grenzen mehr.

Im engsten Kreis der Beteiligten gings dann hinaus in den Grönsund : Eigner und Skipper, der Werftchef Peter Olsen samt einigen Bootsbauern, dem Team von North-Sails um Thomas Jungblut, der Konstrukteur Georg Nissen, dem Hydraulik Team, dem Elektrik-Team, dem dänischen Fernsehen, ..... ein Glück, dass das Schiff ein bißchen grösser geraten ist. "Rein zufällig" war auch der Chef der Schiffselektrikfirma (wohnt 400 km entfernt) anwesend. Klasse Typ; versuchte er doch während meiner Manöver im engen Hafen dem Fernseh-Kameramann zu zeigen, wie der Motor auf unterschiedliche Stellungen der Gas- und Getriebehebel reagiert ... und das mit den Händen von hinten durchs Rad greifend. Wie bemerkte der Konstruktuer so passend : "Steward, den Koffer des Herrn an die Gangway.".

Das Testsegeln verlief völlig problemlos. Die Segel standen bestens, der leichte Wind erlaubte jede "Spielerei" mit den unterschiedlichen Segeln und das Einstellen der Lattenspannung im Großsegel "on-site" vom Bootsmannsstuhl aus :

Auch wenn aufgrund der "Menschenmassen" in beiden Cockpits an einen vernünftigen Segeltrimm kaum zu denken war, überzeugten die Leichtwindeigenschaften zumindest schon im Ansatz.

Leider erwies sich beim Test der Genua 3 das innere Vorstag als 5 cm zu lang; also dürfen die Nordic-Rigger wohl nochmal eine Nachtschicht fahren. Dafür waren aber die downwinds gesetzten Gennaker umso beeindruckender. Der Masthead-Gennaker mit seinen fast 400 m² dunkelblauen Stoffs, durchsetzt mit goldenen Sternen, ist allein durch seine schiere Grösse erdrückend. Setzen und Bergen gingen aber mittels des Bergeschlauches völlig problemlos.

Der etwas kleinere 7/8 Gennaker (natürlich auch in dunkelblau mit Sternen) ist für stärkere Winde und mithin auch für höhere Kurse gedacht. Die erreichbare Höhe am Wind war tatsächlich beeindruckend. Umso peinlicher für den Verfasser dieser Zeilen ist natürlich, dass just beim Setzen der fotogenen Gennaker die Akkus der Digitalkamera leer waren ... und die Reserveakkus sicher im Auto lagen. Schande über mich. Zum Glück konnte Thomas Jungblut mit einem Foto aushelfen :

Da sich durch die Liegezeit wohl mal wieder eine Muschel in der Logge festgesetzt hatte, sahen wir nur die Fahrt über Grund seitens des GPSs, in einem stark strömenden Gewässer mithin schwierig gegenüber der Fahrt durchs Wasser zu interpretieren. Aber gegenüber den anderen Booten zeichnete sich doch deutlich eine gewisse "Zügigkeit" ab.

Auf der Rückfahrt unter Maschine stellte sich wieder das gewohnte Bild ein : Schnell, leise, keine sonderliche Heckwelle, komfortabel. Der hydraulische Liftkiel ließ sich nicht nur absenken (was bei 6 - 7 Tonnen Gewicht auch irgendwie zu erwarten war ) sondern auch zügig wieder einfahren ( was schon etwas spannender war ).

Ein vollends gelungener Segelabend, der sich nun hoffentlich jeden Abend nach dem Feierabend der Werftarbeiter wiederholen wird. Nur am Samstag (bei vorhergesagtem Topwetter) wird die "eintönige" Prozedur durch die Taufe unterbrochen. Hoffentlich spielt hier der Wettergott auch wieder mit.

Mehr von der Taufe und vom nächsten Testsegeln am Montag wieder hier. Und um nochmals auf die nicht vorhandenen dänischen Indianer zurück zu kommen : Radioberichte über die Laubverfärbung analog zu den USA wären für das dänische Radio wirklich eine Bereicherung. Im Vergleich zum sonstigen Programm einschließlich der Musikauswahl fast ein Highlight. Wird langsam Zeit, dass im Radio Steelbandmusik zu hören ist ... wir arbeiten dran.

Thormod Ohm / 26.9.2001

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