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31.10.2001

Die Erfindung der Patent-Wende ..... und warum der Hafen von Porto eigentlich nicht teuer ist.

Wieder auf See nach Zwischenstopp in Porto, NW 3-4, es wird zunehmend wärmer.

Unsere Wetterplanung scheint Rasmus sei Dank aufgegangen zu sein. Während der Wetterbericht für die gerade von uns verlassenen Gebiete gar fürchterliche Dinge ankündigt (zweistellige Angaben der Windstärke mögen wir nicht so gerne), wird für unsere Reststrecke von 850 Seemeilen nach Las Palmas lediglich moderater Wind aus mehrheitlich der richtigen Richtung vorhergesagt; hoffen wir inständig, dass es stimmt. Dann haben wir es hoffentlich Mitte nächster Woche geschafft.

Letzte Nacht haben wir, genauer gesagt der Eigner selbst, also eigentlich ich, ein gänzlich neues Manöver erfunden : Die Patent-Wende ! Das Gegenstück, die Patenthalse ist ja weithin bekannt und verbreitet, wenn auch nicht sonderlich beliebt. Die Patentwende dagegen braucht speziellere Voraussetzungen : Eine lauschige Nachtwache an der spanischen Küste mit schwachem, halbem Wind. Dazu muß ein leise wimmernder Autopilot das Ruder übernommen haben (der wimmert nicht leise, weil er immer geschlagen wird; der ist so veranlagt). Dann braucht man einige hohe Berge an der Küste, die plötzlich Fallböen produzieren. Und natürlich das Wichtigste : Die Original Whitlock-Wheel-Disengagement-Unit zum Mehrpreis von ca. DM 1.000,-.

Der weitere Ablauf ist dann vergleichsweise einfach. Bei plötzlich zunehmendem Wind, der auch noch deutlich raumer einfällt, beschleunigt das Boot trotz dichter Schoten ruckartig auf über 10 Knoten, die Krängung wird heftiger, der souveräne Eigner erteilt lässig das Kommando, die Schoten etwas zu fieren, stellt sich persönlich hinter das Rad um dem inzwischen schon heftiger wimmernden Autopiloten zu assistieren, stellt mit lockerem Handgriff letzteren von Automatik- auf Handbetrieb um und "zwingt" mit zwei Fingern am Rad dem Schiff seinen Willen auf ..... was das Ruder und damit das Schiff aber überhaupt nicht zur Kenntnis nimmt. Also rum das Ruder, erstaunlich leichtgängig, beliebig viele Umdrehung möglich ... und 22 Meter Schiff "biegen" mit 10,5 Knoten rechtwinklig "um die Ecke", und natürlich gleich weiter, bis das Backstag dem Baum Einhalt gebietet.

Des Rätsels Lösung : Dank des obigen Ruderzusatzes war das Rad vom Ruder entkoppelt um den Autopiloten zu schonen und nicht durch das Rad im Cockpit erschlagen zu werden. Nachdem sich dann die Freiwache wieder in Ihre Kojen gelegt hat .... und auch sonst keine Mensch- und Material Schäden zu beklagen waren .... lessions learned.

Schade nur, dass es den Eigner selbst erwischt hat, sonst hätte man wenigstens durch einen vorwurfsvollen Blick den Schuldigen zur Übernahme ungeliebter Aufgaben bewegen können....

Unser Zwischenstopp in Porto hat der Bereicherung unseres Speiseplans sicher gut getan; auch die Dieseltanks haben sich über 500 Ltr. Diesel gefreut. Nur das diesmal unser ansonsten so perfektes Küchenteam irgendwie die Übersicht verloren hat. Nachdem wir nach der Proviantierung mit einem Imbiß vor dem Verhungern bewahrt wurden, war das Brot schon wieder aufgebraucht ... und das sollte für weitere fünf Tage reichen ? Die nochmalige Einkaufstour bescherte uns den Besuch der örtlichen Hafenbehörden und damit ein komplette Einklarierung. Der naturgemäss noch unfertige Papierkrieg (Übergang vom dänischen Schiffsbau- ins deutsche Schiffsregister) erleicherte die Dinge nicht eben.

Auch als nur durchreisende Yacht mit Kurzaufenthalt zum Tanken und Proviantfassen durften wir unseren Beitrag zu den Hafengebühren zahlen. Der Betrag für 4 Stunden Porto hätte selbst in Porto Cervo für ein ganze Woche gereicht .... wobei deren Marina doch irgendwie anders aussieht, wahrscheinlich liegt es an den fehlenden Tankern und Containerschiffen im Hafen.

Betrachtet man allerdings das Hafenwasser, und vor allem die darauf treibenden Gegenstände, genauer, sind die Hafengebühren wirklich nicht überteuert. Soviel (meist unaussprechliche) Dinge haben wir noch nie in einem Hafen versammelt gesehen. Wahrscheinlich waren die Hafengebühren in Wirklichkeit nur Eintrittsgeld für eine Besichtigung der Kläranlage von Porto.

Und so haben wir dann Porto fluchtartig wieder verlassen und laufen unter Gennaker direkt in Richtung Las Palmas :

In Las Palmas wird uns dann ein Team aus Hydraulikern erwarten, die unsere etwas notleidende Anlage wieder zum Leben erwecken werden. Spätestens in der Karibik möchten wir den Liftkiel wieder auf bequeme Art und Weise bewegen können. Die Arbeiten sollen so rechtzeitig abgeschlossen sein, dass die ablösende Crew für die ARC ein fertiges Schiff vorfindet und die Vorbereitungen auf die Atlantiküberquerung im Rahmen der ARC auch geniessen kann. Den zeitlichen Puffer für diese Arbeiten haben wir uns durch die bislang unerwartet schnelle Überführung geschaffen.

So bricht denn die nächste Nacht herein und es wird Zeit, über neue Manöver zum Erschrecken der Crew nachzudenken.

Thormod Ohm / 31.10.2001

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