Logbuch - Live von Bord!    
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2.06.2002

Nur wieder Wale und tolles Essen. Ist das langweilig an Bord.

Logbuch, Sonntag, 02.06.2002, 6.Tag, Sendedatum: 03.06.02, 1130 UTC

Position: 37°05,4'N, 010°16,6 (2400 UTC)

gesegelte Strecke ab Horta:              887,8 NM

verbleibende Strecke bis Lagos: ca.          40,5 NM        

Wetter: zunächst bewölkt, gute Sicht, Luftdruck: 1026 hPa, fallend, später Sonnenschein, fast wolkenlos

Wind:   WNW,  2 - 4 Bft.

See:     0,5 - 1 m, abnehmend

Der heutige Vormittag verläuft ungefähr so: ein bisschen Leichtwindsegeln, dann Maschine an, Genua rein, dann Genua wieder ´raus, Maschine aus, dann Maschine wieder an, (Genua auch mal stehen lassen), und Maschine wieder aus usw. . Mal mit, mal ohne Vorsegel versuchen wir, uns durch die Flaute zu schummeln.

Ein Containerschiff und ein Gastanker kreuzen unseren Weg. Der erste geht eine Meile vor uns vorbei, der andere eine Meile hinter uns. Was soll man schreiben, wenn nix passiert?

Erst nach dem Mittagessen gegen 1440 UTC ist der Wind, der die ganze Zeit um NW herumgedreht hat so stabil, dass wir die blaue Tüte ziehen können. Das Essen fängt übrigens mit einem Frischgemüsemixsalat mit Bohnen an, danach gibt es eine feurige Gulaschsuppe mit Croutons. Zwar kann das mit dem formidablen Menü von gestern Mittag nicht mithalten, aber das Lob der Crew ist Miriam auch dieses mal wieder sicher.

Nach dem Essen wird der "Flying Spinnaker" gesetzt. Bis 1555 UTC hat sich der Wind zu einem echten 4er aus WNW entwickelt. Schotenmann "Jo", alias Jochem sorgt mit sicherem Griff und schneller Reaktion dafür, dass die Blase nur selten einfällt.

Svend ist so begeistert von den vielen Quadratmetern in "deep blue" und den weißen Sternen, dass er natürlich ein Foto davon machen will. Trotzdem: wie er sich auch verdreht, auf dem Deck herumrutscht oder sich über die Reeling hängt, er bekommt das Teil einfach nicht in einem Stück in die Linse. Hätte er doch bloß das Fisheye-Objektiv mitgebracht! Denn wer geht schon davon aus, so ein Gerät bei einem Segeltörn zu benötigen? Auf der Bugspitze auf dem Rücken liegend: so geht's  wohl noch am besten.....

Die übrige Crew geht ihrem Tagwerk nach, indem sie ihre Entspannungsübungen nach eigenem Gusto einfach weiter macht.

Während wir also langsam und leise durch den Atlantik cruisen und an nichts böses denken, entdeckt Chris recht voraus erneut einen - sehr großen - Wal. Die Meldung bringt unter Deck  keinen mehr aus der Ruhe, ganz anders bei den Jungs oben an Deck. Offenbar hält der Meeresriese gerade ein kleines  Mittagsschläfchen in der Sonne und wir halten mit 8 Knoten unter Spi auf ihn zu. Jetzt wird es etwas eng. Schnelle, kontrollierte Segelmanöver liegen nicht mehr drin, also machen wir ordentlich Randale auf dem Schiff, um den Wal zu wecken. Das klappt sogar. Ein paar Meter, bevor wir ihn erreichen, reckt er die "Nase" aus dem Wasser, dreht sich zur Seite und taucht keine 10 Meter entfernt ab, nachdem er noch kurz einmal unmutig Dampf abgelassen hat. ...gerade noch einmal gut gegangen. Die Reaktion eines genervten Wals nach einem Ramming ist bestimmt nicht witzig....

Ein weiteres, aber deutlich kleineres Tier besucht uns während des Sonnenuntergangs. Es ist ein kleiner Vogel, der einem Mauersegler ähnlich sieht und sich offenbar vernavigiert hat. Lange dreht er seine Runden um die HCW, bevor er sich - todesmutig - entscheidet, die Notlandung zu wagen. Der hin und wieder einfallende Gennaker, der beim anschließenden "Windfassen" erhebliche Geräusche verursacht,  hat die Landeambitionen des gefiederten Freundes sicherlich nicht gerade verstärkt. Nach dem dritten Anflug verkriecht er sich endlich unter dem Dingi. Dort hat er seine Ruhe. Sein Abendessen besteht aus einem Schälchen Wasser und einem Stückchen Brot. Wir werden morgenfrüh nach ihm sehen.

Noch bevor sich Miriam um den kleinen Passagier kümmert, fällt ihr messerscharf auf, dass drei "watchcaptains" gleichzeitig Dienst tun. Wie kann das angehen? Zwei der drei sollten sich doch ausruhen, oder? Und wo ist die andere Crew? Offenbar ist Spi-Segeln heute reine "Chefsache"...

Bei Sonnenuntergang bergen wir das blaue Tuch wieder, setzen zuerst Genua 1 und dann dazu die ausgebaumte Genua 2 auf Bb. Es nützt nichts, der Wind wird noch schwächer. Also alles wieder zurück. Das übt. Wir können ja erst mal zu Abend essen und dann weitersehen. Wer das Sonnenuntergangsfoto genau betrachtet, wird unschwer das höhnische Lachen erkennen, das der Himmel macht, als er unsere Segelsetzaktionen sieht und weiß, es wird keinen Wind geben...

Dinner: Um 2000 UTC setzen wir uns an den gedeckten Tisch im Salon. Die Wellen sind im Laufe des Tages immer niedriger geworden, sodass das klasse ohne rutschende Gegenstände geht. Auf den Tellern werden angerichtet: panierte Schweineschnitzel, ein "Tortenstück" aus einem - im Ganzen - gekochten Weißkohl, dazu Kartoffelbrei und ausgelassene Butter. So rustikal es sich anhören mag, alles passt sehr gut zusammen und ist einfach lecker. Den Chronisten erinnert es irgendwie an früher, wie bei Muttern zuhause... J. Deshalb ein ganz privater Gruß dorthin!

Der Nachtisch - man mag es eigentlich nicht sagen - ist ein frisch zubereitetes  Mousse au Chocolat mit Vanillesoße, alles zergeht leicht und schaumig auf der Zunge, vom Geschmack ganz zu schweigen. Sogar die Töpfe in denen diese Speise zubereitet wurde, wird von einem offenbar unersättlichen Crewmitglied mit dem ganz langen, rechten Zeigfinger ausgekratzt.

Chris fragt Miriam besorgt, ob sie mit irgendwelchen Menschenhändlern in Palma de Mallorca Verabredungen getroffen habe, die vielleicht den Verkauf der Gäste betreffen, und weiter, ob der vereinbarte Preis nach dem Gewicht der Delinquenten ginge, weil sie die Sailors derart mästen würde. Die Sache mit dem Arbeitsschiff hatten wir ja schon, aber die "Heaven van wait" ein Sklavenschiff in geheimer Mission? Dabei hat die Mousse doch ganz leicht geschmeckt.... ;-).

Schon beim Essen kann man es hören und auf den Instrumenten sehen: der Wind nimmt wieder zu. 15 - 17 Knoten Wind bringen die HVW auf 8 - 9 Knoten über Grund. Damit können wir sehr gut leben. Wenn das anhält, sind wir Morgen um 0630 UTC am Kap..... Dort wollen wir das Verkehrstrennungsgebiet nördlich umrunden, bevor wir in einer lang gezogenen Kurve über backbord um das Kap herumsegeln. Wir rechnen in diesem Bereich mit stark zunehmenden Schiffverkehr und einer Menge Fischerboote.

Nach dem Abwasch ist wieder Internetredaktionssitzung angesagt. Die gestrige gemeinsame Sitzung ist ausgefallen, weil an einem Samstagabend auch mal "frei" sein darf. "Jungdeutschland" wollte noch in die Disco......

Im übrigen Verlaufe der Nacht wird die Ruhe an Bord mangels Wind mehr oder weniger regelmäßig durch das Brummen der Maschine unterbrochen: Außer ein paar unspektakulären Schiffbegegnungen gibt es nichts weiter Erwähnenswertes. Vielleicht doch: In den letzten Nächten sind die Temperaturen wieder angenehm angestiegen und es ist nicht mehr ganz so feucht...

Bis morgen,

Karsten

English summary :

Date: 02.06.02

Position: 37.10N, 011.49W

Weather: Partly cloudy, very good visibility.

This morning is going something like this; some very light wind sailing - engine on - genoa in - genoa out - engine off - engine on, genoa still out, very frustrating trying to keep the boat moving at a decent speed towards the cape in these almost calm conditions.

A container ship passes us one mile in front, some time later another passes one mile behind...what else is there to write about if nothing else is happening?

14:00 UTC.   After lunch, the wind starts to steady out of the northwest, so much so that it is possible to fly the asymmetrical spinnaker.  By the time the kite is ready to go up the wind has become a good breeze from the WNW. Sheetman 'Jo' aka. Jochem is in control of the kite sheet, his quick reactions ensure that the spinnaker remains flying properly. Svend admires the spinnaker so much that he would like to take a few photos, not as easy as it seems, no matter how Svend twists, or crawls around on the deck the spinnaker will not fit in the viewfinder, I guess he should have brought his fish eye lens!

While happily cruising along under spinnaker, Chris calls down that there is another whale ahead, on starboard. This news is attracting the usual excitement after having had such close encounters in the previous days but this was a different type of whale and it seemed to be sleeping on the surface directly in front of the boat; the boat is going 8kts with the spinnaker up!  The time is passed for making any controlled, evasive manoeuvres so we revert to plan B and start to bang on the deck and run the hydraulic winches in an effort to wake the whale, this does the trick, the whale notices the situation, flicks his tail and dives, resurfacing on the other side of the boat to continue his nap without being hit by a boat!

Another, but much smaller animal paid us a visit in the afternoon; a small bird, looking a little lost and tired. It circled the boat for about 30 minutes before trying for an emergency landing, its' first attempts were hampered by the flying spinnaker but on the 4th try it successfully landed after which it decided that the safest place to hide would be under the dinghy, which was probably the only place it would get getting some any peace. It turned out to be a good place. Miriam saw the bird, and in keeping with the idea of fattening up the crew, prepared a meal of crumbled biscuits and a bowl of water for the bird. What service!

Before taking care of our unexpected guest's evening meal Miriam noticed a curious thing; behind the helm, rapt in concentration; the skipper and the 2 watch captains! Shouldn't 2 of them be resting, and where was the rest of the crew? Obviously sailing a spinnaker is a matter for the chiefs!

At sunset the spinnaker comes down and the genoa 1 comes out, the wind goes further aft so the genoa 3 gets poled out to windward, after all the effort of changing sails the wind steadily falls.

Dinner was eaten in flat calm conditions at the saloon table, no salt and pepper pots flying around and the plates placed flat on the table rather than the usual scenes of people leaning their plates at the opposite angle of heel to stop the sauces from running over.

As the dinner things are being cleared, the wind starts to pick up. Before long the wind is up to 15-17kts and the boat is moving along at 8-9kts, at this speed we should arrive at the cape by 06:30 UTC, an idea time for crossing the busy commercial traffic separation scheme that blocks our path into the Mediterranean.

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